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Zur Bäckermeister-Prüfung als Quereinsteigerin

Der unglaubliche Weg zur Bäckermeisterin

Meisterwerdung im Bäckerhandwerk - der Bericht

Es ist geschafft! Seit dem 11. August ist klar, dass ANDA alle Prüfungen bestanden hat und jetzt Bäckermeisterin ist! Wir sind überglücklich!
ANDA in der Backstube
Üben, üben, üben


Hier ANDAs Statement:

"Eine unglaublich harte Zeit geht zu Ende! Noch erscheint alles wie ein Traum und wenn ich abends nach Hause komme, will ich automatisch nach den Lernkarten greifen, die Lernvideos im Internet starten oder die vielen dicken Bücher wälzen, die mich jetzt eineinhalb Jahre lang begleitet haben. Und dann stehe ich da und versuche zu verstehen, dass ich es geschafft habe: Ich BIN jetzt Bäckermeisterin und habe bewiesen, dass ich alle Voraussetzungen dafür mitbringe! :-)

Mit 51 Jahren ist dies meine erste Berufsausbildung und ich habe die große Chance bekommen und genutzt, ohne vorherige Berufsausbildung oder Berufserfahrung den Weg zum Meistertitel unter die Füße - oder besser Hände - nehmen zu dürfen. Zum Glück wussten weder ANA noch ich zu Beginn, auf was wir uns da eingelassen hatten - sonst hätte ich den Mut dafür vielleicht nicht aufgebracht.

Ich erinnere mich das erste Backen in der Meisterschule - elf gestandene Bäckergesellen an den Knet-, Rühr- und Ausrollmaschinen, plus eine Meisterschülerin, die noch nie an einer solchen Maschine gestanden hatte... :-O :-O
Behälter mit Zutaten
Zutaten vorbereiten für die Prüfungstage


Ich sehe mein erstes Brot aus dem großen Backofen kommen, meinen ersten in der Teigausrollmaschine geformten Plunderteig, meine Versuche, beim Rundwirken mit den lieben und sehr geübten Kollegen mitzuhalten, meine Spinnen und Taranteln aus Marzipan (während die anderen nette Figürchen und Blümchen formten ;-) ), meine zu kleinen, zu flachen, zu hellen, zu trockenen, zu wasweißichwas Brötchen - und dann der Tag, an dem ich ganz überraschend das erste Lob für einen rundgewirkten Baguette-Teigling bekam!

Kurz nach Beginn der Meisterschule eröffneten ANA und ich das Ateliercafé - ANA hatte so gut wie alles allein dafür vorbereitet und es war für uns Beide eine Herkulesaufgabe, mit den 24 Stunden eines Tages noch irgendwie klar zu kommen. Schlafen wurde zum Luxus, drei bis vier Stunden pro Nacht mussten reichen. Ich erinnere mich an den Schultag, an dem einer nach dem anderen aus der Meistergruppe per WhatsApp absagte: 'Ich schaffs heute nicht!' Es war noch ein Tag bis zur Café-Eröffnung und schließlich tippte ich ins Handy: 'Ich schaffs heute auch nicht, aber ich komme trotzdem!' :-)

Zu den zwei Schulnachmittagen in der Badischen Bäckerfachschule gesellten sich ab September zwei Schulabende in der Bildungsakademie der Handwerkskammer Karlsruhe für den betriebswirtschaftlichen Teil der Meisterprüfung. Gleichzeitig wurde das Café immer bekannter, wir kamen oft nicht vor 20 Uhr raus und die praktische Prüfung rückte immer näher. Spätestens am Tag, als ich bei meinem - sehr hochtourigen und anstrengenden! - täglichen Sport mitten im Kicken und Boxen einschlief, wurde mir klar, dass ich bisher noch keine wirkliche Erschöpfung gekannt hatte... Und es wurde noch heftiger: Ich kämpfte jeden Abend ums Wachbleiben, ich entwickelte Strategien, um irgendwie weiterlernen zu können, obwohl alles an und in mir schlafen wollte. Helles Licht, im Stehen arbeiten, den Sport auf die Nacht aufschieben, um wieder wach zu werden, auf gar keinen Fall Pause machen, damit keine Entspannung eintreten konnte, die mich sofort zum Einschlafen geführt hätte. Und immer das Ziel vor Augen: 'Halt durch, es ist nur bis zur Prüfung, bis zu den Prüfungen...!'

Es kam sogar der Tag, an dem ich weinte - obwohl es gar keinen Grund dafür gab, außer dem einen: Erschöpfung! Dann trocknete ich die Tränen und machte noch zwei Stunden weiter. Viele Menschen hatten mir diesen ungewöhnlichen Weg geebnet und ich wollte keinen davon enttäuschen.
ANA & ANDA im Ateliercafé
Mit ANA im Ateliercafé


Aber: Ohne ANA wäre ich definitiv verloren gewesen. Sie war immer da, wenn ich glaubte, nicht mehr zu können, es nicht zu schaffen, nie ans Ziel zu kommen. Wer sich auf eine berufliche Weiterbildung, Fortbildung, Umschulung o.ä. einlässt, sollte nicht unterschätzen, wie wichtig ein unterstützendes Umfeld ist. Und Partner/innen haben viel zu ertragen: Übermüdete und überforderte Schülerinnen sind keine Freude im täglichen Umgang - und da wir ja den Plan hatten, zusammen aus dem Café eine Bäckerei zu machen, hing für ANA ebenso viel vom Gelingen meiner Meisterwerdung ab wie für mich...

Ich entschied mich, die Prüfung mit meinen natursüßen Gebäcken abzulegen - einerseits ein zusätzliches Risiko, andererseits hatte ich so aber die Möglichkeit, täglich im Café zu üben, meine 'Übungsgebäcke' direkt an die Kundschaft zu verkaufen und auch gleich ein Feedback dafür zu bekommen. Im Nachhinein betrachtet eine sehr gute Entscheidung, aber in der Situation selber zweifelten wir oft daran... Denn schließlich mussten die Gebäcke mit dem Standard vergleichbar sein, damit die Prüfungskommission eine Chance hatte, meine Gebäcke fair zu bewerten.
ANDA vor ihrem Meistertisch
Glücklich vor dem Meistertisch


Mitte Februar war es soweit und ich trat zu den drei praktischen Prüfungstagen an. Dreimal acht Stunden: Ein Vorbereitungstag, ein Arbeitsprobentag (über 200 Gebäcke in acht Stunden - natürlich in der professionellen Backstube und nicht am heimischen Herd!) und der Meistertisch-Tag. Schon eine Woche vorher begann ich mit Zutaten-Abwiegen und Gerätschaften-Packen. Da wir das Café auch am Tag vor Prüfungsbeginn geöffnet hatten, dauerte es trotzdem bis morgens um 2 Uhr, bis ich "abreisefertig" war. Am Ende des ersten Prüfungstages ("nur" ein Vorbereitungstag...) setzte ich mich ins Auto und mein allererster Gedanke war: 'Das mache ich nicht mit! Ich fahre weg!' Dann drehte ich den Zündschlüssel um und fuhr los - und das Auto fuhr mich ohne einen einzigen Umweg zielsicher durch alle Baustellen Karlsruhes direkt vor das Ateliercafé. Dort lud ich aus und wieder ein, ging nach Hause, machte meinen Sport, schlief drei Stunden und trat zum nächsten Prüfungstag an. Das Gleiche wiederholte sich noch einmal für den dritten Prüfungstag - und als der Meistertisch pünktlich um 17:30 Uhr fertig aufgebaut dastand, wusste ich, dass ich bestanden hatte! Wenn Weinen vor Erschöpfung geht, dann erst recht vor Erleichterung! ;-) Das 'Schlimmste' war geschafft - für ANA und mich schon ein großes Wunder! Jetzt noch die restlichen Prüfungen, das müsste zu schaffen sein...

Und dann kam Corona! Lockdown, ein Land stand still - und alle Prüfungstermine waren abgesagt... Und doch: Was für ein Glück, dass wir auf dem Weg zur Bäckerei waren. Das Café musste zwar schließen, aber viele Stammkundinnen und -kunden kauften nach wie vor unsere Brote, Brötchen und Gebäcke - wir konnten immer in ganz kleinem Rahmen irgendwie weitermachen.

Ich beschloss, das Lernen selbst in die Hand zu nehmen und nach dem Lockdown die Erste zu sein, die sich wieder zu Prüfungen anmelden kann. Also weiterhin Abend für Abend nach 'Ladenschluss' lernen, lernen, lernen. Seite für Seite kämpfte ich mich durch die Handwerkerfibeln, schrieb bergeweise Lernkarten, kämpfte gegen den Schlaf und die Müdigkeit und ließ mir von ANA den Rücken freihalten.

Die ersten Lockerungen kamen, der Unterricht wurde wieder aufgenommen - und die Prüfung für Teil IV sollte auf Oktober verschoben werden... Ohne mich! ;-) Ich meldete mich für diesen Prüfungsteil bei der IHK als Externe an - im August. Der Unterricht für Teil III fand online statt - eine Riesenerleichterung für mich. Keine Fahrten in die Schule mehr, einfach nur zuhause das Laptop anschalten und los gings.

Und dann ging plötzlich alles ganz schnell: Prüfung Teil III, dann ziemlich genau einen Monat Zeit, um mir den ganzen Prüfungsstoff für Teil IV anzueignen und dann - just an ANAs 60. Geburtstag - Prüfung Teil IV. Es dauerte nur vier Tage, bis das Ergebnis da war: Bestanden!

Noch ist es ein ungläubiges Staunen in mir, das vorherrscht. Aber es ist wunderschön und jetzt kann es eigentlich erst richtig losgehen.

Allen, die mich in dieser Zeit begleitet haben, bin ich unglaublich dankbar. Einmal mehr betone ich hier ANAs absolut zentrale Rolle als Unterstützerin, Helferin, Mutmacherin, Partnerin im allerwahrsten Sinne des Wortes! Nicht ich, sondern wir haben das geschafft, auch wenn wir es noch kaum glauben können! DANKE!'
ANA & ANDA im Porträt
Spezialitäten-Bäckerei ANA & ANDA


Jetzt machen wir uns daran, das Café nach und nach zum Schwerpunkt "Bäckerei" zu verwandeln und Ihr könnt gerne mit dabei sein und uns dabei beobachten!

Als Erstes haben wir die Öffnungszeiten geändert und sind jetzt Dienstag bis Samstag von 10-18 Uhr für Euch da - Sonntags haben wir ab sofort geschlossen!

Wir freuen uns, Euch weiterhin und immer mehr mit unseren jetzt "meisterlichen" Gebäcken verwöhnen zu dürfen und halten Euch jetzt wieder mehr auf dem Laufenden - die Schule hält uns ja jetzt nicht mehr davon ab! Auf Facebook und Instagram findet Ihr außerdem fast täglich neue Postings von uns!