Vorschau CSD-Konzert Stuttgart
Von Dornröschen bis zur Heteroheilerin
Der Countdown läuft: Morgen Samstag, den 12. Juli, geht es los in die
Liederhalle Stuttgart, zu unserem
CSD-Konzert des Frauenkulturzentrums SARAH. In den letzten Wochen haben wir deshalb täglich
Lieder und Instrumental-Musik rund um die
Themen Homosexualität, Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen, Regenbogenfamilien, Coming Out und die
Rechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen (LGBT oder LGBTTIQ) geprobt.
Unsere
Themenkonzerte haben immer zur Folge, dass auch wir selber uns verstärkt mit dem jeweiligen Thema beschäftigen, da wir unsere Programme stets maßgeschneidert für die entsprechende
Veranstaltung schreiben und zusammenstellen.
Im Mittelpunkt unseres
CSD-Konzerts in Stuttgart steht die Sicht der
Gesellschaft auf das Thema
Homosexualität und die Auswirkung von
Vorurteilen und Diskriminierungen auf
Lesben, Schwule und
LGBT-Menschen. Den Roten Faden bildet ein fiktiver Mailwechsel eines
lesbischen Liebespaars. Mit Vorliebe sammeln die beiden Frauen Zitate, die sie meist in Deutschland in Bezug auf
Homosexualität finden. Diese Zitate sind übrigens leider nicht fiktiv, sondern echt und tatsächlich so gesagt worden. Vom Teufel ist da die Rede, der bekennende Christen zur
Akzeptanz von Homosexualität bringen könne, vom besonderen Schutz von Ehe und Familie als einzige Stütze der Gesellschaft durch das Grundgesetz, von der "besonderen Lebensphilosophie", die
Homosexuelle angenommen hätten etc.pp.
Diese Mails führen jeweils ein
Lied oder Instrumental-Musikstück ein:
Mit "Dornröschen" und "Froschkönig" greifen wir z. B. zwei bekannte und beliebte Grimm-Märchen auf und unterziehen sie in unseren
Liedern einer kleinen Modernisierung. Denn die Frage stellt sich doch: Wie lange wollen wir uns noch die alten Geschichten von schlafenden Prinzessinnen, wachküssenden Prinzen und sich verwandelnden Fröschen erzählen? Diese Märchen passen ja schon für
Heterosexuelle nicht - auch auf symbolischer Ebene wird wohl aus keinem Frosch je durch einen Frauenkuss ein Prinz! Für
Lesben und Schwule aber können die
heterosexuell geprägten Geschichten fatal sein, vor allem, wenn sie als junge Menschen keine Alternativen zu Ohren bekommen. Wenn Dornröschen
lesbisch ist, können noch so viele Prinzen zum Küssen kommen, sie wird auch nach mehr als 13 Jahren nicht aufwachen davon. Dafür kann sie viel Lebenszeit damit verlieren, auf das Falsche zu warten.
Mit "Maria und Fatima" präsentieren wir ein Lied, das wir bereits 2008 zum Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte geschrieben haben. Dort heißt es:
"(1) Heiratsfähige Männer und Frauen haben ohne Beschränkung durch Rasse, Staatsbürgerschaft oder Religion das Recht, eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen."...
"(2) Die Ehe darf nur auf Grund der freien und vollen Willenseinigung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden." ...
Aus dem Recht auf Eheschließung wird aber in vielen Staaten dieser Welt ein Zwang, denn "solo" zu bleiben ist oft undenkbar. Für
Lesben und Schwule ist diese Situation besonders schlimm, weil nicht nur der Partner oder die Partnerin nicht passen, sondern das ganze
heterosexuelle Lebenskonzept verkehrt ist. Es bedeutet ein Leben voller Verstellungen, Lügen und Ängsten, das kaum Momente von Glück oder Erfüllung bietet.
Mit "Neustart" plädieren wir deshalb an Klavier, vietnamesischem Holzschlagzeug und Perkussion für einen Neuanfang, ein Umdenken in der
Definition von "Ehe", "Familie" und dem, was ein Familienleben ausmacht.
Um die Folgen eines
heterosexuell definierten Familienbegriffs geht es auch in unserem Lied "Paul und Kai". Darin erzählen wir die Geschichte zweier Jungs, von denen einer ganz
"normal hetereosexuelle" Eltern hat, der andere aber von
zwei Vätern aufgezogen wird. Eines vorweg: Die Geschichte hat kein Happy End, weil es die Gesetze des Staates nicht zulassen...
An Akkordeon und vietnamesischem Holzschlagzeug präsentieren wir "Conversation", ein rasantes Stück, das
Kommunikation musikalisch aufgreift und umsetzt. Denn Eines sollten wir alle in der Gesellschaft nie aufhören: Miteinander zu reden.
Eines der für uns bedrückendsten Themen rund um die
LGBT-Thematik ist für uns die
"Heilung" von Homosexualität. Auch in Deutschland gibt es sie leider immer noch und immer wieder: Die
"Homoheiler", die behaupten,
Homosexualität sei eine
Krankheit oder
psychische Störung und könne durch entsprechende
Therapien geheilt werden. Wer den oft schwierigen Weg bis zum eigenen
Coming Out gegangen ist und erlebt hat, wie viel seelische Genesung dies mit sich bringt, kann sich nur schaudernd von solchen
"Heilsversprechen" abwenden. Die Heilung geschieht - wenn sie denn überhaupt nötig ist - ja gerade umgekehrt!
Als Antwort darauf haben wir kurzerhand die
"Heteroheilerin" geschrieben. In diesem Lied begrüßt diese Dame als Direktorin eines dubiosen Institutes vom Weg abgekommene
Heterosexuelle und verspricht ihnen, sie wieder zu anständigen
Homosexuellen zu machen. Durch die Umdrehung machen wir sichtbar, wie absurd die Argumente von
"Homoheilern" sind - sie lassen sich nämlich umgekehrt genau so rechtfertigen...!
Zum Schluss laden wir ins
"Varieté der Randfiguren" und überlassen es Jeder und Jedem im Publikum selbst, inwiefern sie oder er sich in dieser "Show der Sensationen" wieder findet.
Und den allerletzten Punkt setzen wir mit einem Musikstück für Klavier und Akkordeon, mit dem wir den musikalischen Beweis antreten, dass ein friedliches und
gleichberechtigtes Zusammenleben von Homo- und Heterosexuellen eben doch möglich ist.
Auf das
Konzert in Stuttgart freuen wir uns sehr:
Samstag, 12. Juli, 20 Uhr, CSD-Konzert im Silchersaal der Liederhalle Stuttgart, Berliner Platz 1-3, Eintritt: 10.- /8.- EUR, Veranstalterin: SARAH, Kulturzentrum für Frauen e.V.
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